Nach der fast schlaflosen Nacht und einem kleinem Frühstück mit etwas Käse- und Wurstbrot, habe ich beschlossen weiter zu gehen, zumindest bis zur nächsten Almhütte. Franz sah gut erholt aus und aus seiner Sicht sprach auch nichts dagegen, mal den Weg bis zur Wasseralm zu wagen. Zunächst aber musste ich daheim anrufen, um die Stimmen meiner kleinen Family zu hören. Das gibt einem immer Kraft. Glaubte ich zumindest. So war es aber auch. Ausserdem hatten wir auf der Arbeit am Wochenende eine wichtige Server-Umstellung durchgeführt, und ich wollte mich bei meinem Kollegen, der mich beim Kunden vertrat, erkundigen, ob es am Dienstag morgen alles glatt gelaufen. ist. In der Hütte gab es keinen Empfang (Vodafone), obwohl am Nachbartisch ein junger Mann einen passablen Empfang des O2-Netztes hatte. Seltsam. Na ja. Ich ging raus, zu der etwas höher gelegenen Weggabelung, wo wir schon gestern im Nebel standen und machte die paar Telefonate. Auf dem weg zurück habe ich noch ein Foto von der Gotzenalmhütte mit dem Mobiltelefon gemacht .
Eigentlich habe ich ursprünglich geplant, morgens noch zu dem Aussichtspunkt Feuerpalfen aufzusteigen. Von dort aus sollte sich eine schöne Sicht auf den Watzmann oben und auf das St. Bartholomä unten am Königssee öffnen. Wenn mann das Foto oben sieht und dann das Foto von der Gotzenalm auf Wikipedia vergleicht, dann sieht man (trotz anderen Winkels), dass wir wahrscheinlich weder das eine noch das andere sehen würden. Dies war Grund genug auf den kleinen Ausflug zu Feuerpalfen zu verzichten und direkt zur Wasseralm zu gehen, zumal die Hütte schon nach kurz 10:00 sich komplett geleert hatte. So haben wir uns als letzte Gäste von der kleinen putzigen Wirtin (oder Hütten-Aushilfe – keine Ahnung) verabschiedet und machten uns mit Franz auf den Weg. Die zweite Etappe begann mit einem steinernen Pfad durch kleinere Felsen. Aber schon bald fanden wir uns komplett umgeben von Nadelbäumen. Es fing an zu nieseln, es kam auch etwas dichtere Nebel auf. Als er sich das erste mal etwas lüftete, standen wir gerade auf einem schmalen Pfad – links eine Felswand, rechts gings ziemlich weit nach unten. Bald erreichten wir die Kehre wo es zunächst einmal bergab ging. Hier bin zum ersten mal auf dem Po gelandet oder besser gesagt auf dem Rucksack. Der Weg war weitgehend schlammig und rutschig. In dieser Schlucht erblickten wir auch ein paar Gemsen, die waren allerings zu weit, um die mal aus der Nähe anzuschauen.
Nach einer kurzen Ruhepause mit „Proviantvertilgung“ zusammen mit der Familie aus Würzburg, ging es weiter zum Anstieg. Der Pfad war teilweise so stark unterspült, dass man auf allen vieren kriechen musste, teilweise wiederum gut begehbar. Hier und da nahm man die Seile zu Hilfe, die an den Felsen befestigt waren. An ein paar Stellen haben Steinschläge den Pfad komplett verdeckt, aber die Vorgänger von uns hatten schon einen fußbreiten Trampelweg hinterlassen, so dass wir dann doch relativ sicher weiterkamen. Allerdings war diese Strecke mit dem Anstieg nur was für schwindelfreie Wanderer – es öffneten sich Blicke, die weit nach unten reichten. Sehr weit nach unten. Und man sah unterwegs mal hier und mal da Kreuze mit Namen an den kleinen Gedenktafeln. Aber die Stimmung stieg, denn man schaute ja nicht nur tief in die Abgründe, sondern auch auf den wunderschönen Königsee samt dem Obersee mit kleinen Hütten davor.
Gegen 15:00 erreichten wir die Wasseralm. Kurz zuvor hat es wieder angefangen zu regnen, so dass wir schon wieder komplett durchnässt (ich hatte allerdings vorher schon die Jacke ausgezogen) an der Hütte ankamen. Der Wirt mit seiner Frau (glaube ich zumindest, dass das seine Frau war) waren sehr nett und freundlich. Die beiden Kinder der Wirtsfamilie, die hier bei ihren Eltern auf der Alm ihre Pfingstferien verbrachten, freundeten sich sofort mit den Jungs aus Würzburg an. Alle fünf waren etwa gleichaltrig zwischen neun und elf Jahren alt. Die fanden Spass daran, irgendwelche komisch aussende Fliegen zu fangen und im Wassertrog zu ertränken. Erinnerte mich ein wenig an meine Kindheit, allerdings hatten wir uns die Zeit nicht mit den Fliegen vetrieben, sondern mit…. na ja, mit etwas größeren Tieren. Hier in Deutschland wären wir wegen Tierquälerei ins Gefängnis gewandert, aber – jo mey – es herrschte ja damals in meinem Heimatland eine andere Kultur und andere Zeiten.
Die Wasseralm ist eine sehr einfach gehaltenen Hütte, mit Plumsklo und ohne Waschraum. Mir machte es nichts aus, ich bin mit so einem Klo aufgewachsen und Katzenwäsche im Bach war auch nichts neues für mich. Das Wasser war recht kalt, dafür aber auch erfrischend. Frischgewaschen und in trockenen Klamotten musste erstmal ein Bier her. Und während wir das Bier auf der Bank vor der Hütte tranken, kam die Sonne raus und es wurde an dem Tag noch richtig warm. Gegen sechs aß ich noch einen Gemüseeintopf mit „Würschtl“, Franz nahm die Mahlzeit in Form von zwei heißen Wasserkannen zu sich. Danach gab es noch eine bayerische Gesangseinlage vom Wirt, begleitet wurde es mit einem Akkordeon. Nach dem dritten Bierchen waren die positiven Eindrücke des Tages und die halbwegs gut erhaltene körperliche Form (soweit man überhaupt bei mir über Form sprechen kann) dafür „schuld“, dass ich beschlossen habe, morgen zusammen mit Franz zum Kärlingerhaus weiter zu gehen.